Bammel, Panik, Prüfungsangst

Ein mulmiges Gefühl vor einer Prüfung ist etwas völlig Normales. Eine gewisse Anspannung vor einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung erhöht sogar Deine Konzentration.

Manchmal jedoch kann die Angst vor einer Prüfung so groß sein, dass Dir Dein Kopf wie leer erscheint. Um einem solchen Blackout entgegenzusteuern, ist es hilfreich zu verstehen, was während einer Stresssituation (Angst=Stress) in Deinem Gehirn passiert:

Stelle Dir Dein Gehirn wie ein Gebäude mit mehreren Stockwerken vor. Je höher man hinaufgeht, desto komplexer werden die Aufgaben, die von den verschiedenen Einheiten übernommen werden.

Im Erdgeschoss befindet sich ein Gehirnteil, der "Reptiliengehirn" genannt wird, weil er dem Gehirn einer Schlange oder eines Krokodils ähnelt. Das Reptiliengehirn ist hauptsächlich für die Art- und Selbsterhaltung zuständig, es hat also die Aufgabe, Dein Überleben zu sichern.

Im nächsten Stockwerk befindet sich das sog. "Limbische System". Hier werden Deine Gefühle gesteuert (Ärger, Freude, Lust, Unlust...).

Ganz oben - in der Chef-Etage - befindet sich das Großhirn. Das Großhirn ist verantwortlich für Dein Denken, Planen, Entscheiden, zielgerichtetes Handeln usw..

Chef-Etage: Großhirn

Denken, Planen, Entscheiden, zielgerichtetes Handeln

2. Stock: Limbisches System

Steuerzentrale der Gefühle: Ärger, Freude, Lust, Unlust..

Erdgeschoss: Reptiliengehirn

Art- und Selbsterhaltung

Wenn Du etwas denkst, fühlst, wahrnimmst, bewertest Du automatisch, was das für Dich bedeutet: positiv, neutral oder negativ. Diese Bewertungen laufen blitzschnell (innerhalb einer 3tausendstel Sekunde!) im Unterbewusstsein ab.

Das limbische System reagiert unmittelbar auf Deine Gedanken, mixt eine entsprechende Chemie zusammen und gibt über das Reptiliengehirn an die entsprechenden Drüsen den Befehl, Hormone auszuschütten. Bei positiven Gefühlen sind das sog.
"Glückshormone": Endorphin, Serontonin und Co.. Wenn Du etwas negativ bewertest, werden Stresshormone ausgeschüttet und dem Großhirn wird Energie entzogen.

Das Großhirn kann also nur dann vernünftig arbeiten, wenn in den unteren Etagen (Reptiliengehirn und limbisches System) alles in Ordnung ist!

Bis hierher alles verstanden? Super :O)

Hast Du Lust auf ein kleines Experiment? Lies zuerst, dann schließe die Augen und experimentiere :O)

Stelle Dir vor, auf Deinem Schreibtisch liegt eine große, gelbe, saftige Zitrone. Du schneidest die Zitrone in Gedanken in zwei Teile, presst sie aus und riechst danach an dem frisch gepressten Zitronensaft. Nun stelle Dir vor, Du trinkst ein paar große Schlucke Zitronensaft. Stelle Dir seinen Geschmack ganz deutlich vor. Nimm Dir für das Experiment ein paar Minuten Zeit. Schließe die Augen, konzentriere Dich auf den Geschmack und Geruch des Zitronensafts und öffne die Augen erst dann wieder, wenn Du den Zitronensaft "geschmeckt" hast.

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Was ist passiert? Du hast mehr Spucke im Mund, richtig? (Falls der Gedanke an eine Zitrone keine körperlichen Reaktionen bei Dir hervorgerufen hat, versuche es mit dem Gedanken an etwas, dass Du überhaupt magst. Spinat? ;O))

Was bedeutet das? Ganz einfach: Dein Gehirn kann nicht unterscheiden, ob Du wirklich Zitronensaft trinkst oder nur intensiv an Zitronensaft denkst! Es lässt den Körper reagieren, in diesem Fall mit höherer Speichelproduktion. 

Zitronensaft ist prinzipiell etwas völlig Harmloses, weshalb Dein Körper sich auf erhöhte Speichelproduktion beschränkt hat. Doch was denkst Du, wie dein Körper reagiert, wenn Du Dir in buntesten Farben ausmalst, dass "eine Prüfung zu schwer" für Dich werden wird, dass Du "keine Aufgabe verstehen" wirst, dass Du "ganz bestimmt durchfallen" wirst, dass der "Tag der Prüfung schrecklich" wird.... Na?

Richtig! Bammel, Panik, Prüfungsangst! Dein Reptiliengehirn arbeitet auf Hochtouren - es kann zwischen harmlosen und wirklich gefährlichen Situationen nicht unterscheiden! Es befiehlt Flucht, OHNE vorher lange nachzudenken. Je stärker Du dann versuchst, Deine Denkleistung in den Griff zu bekommen, desto mehr gerätst Du unter Stress - Blackout!

Prüfungsangst ist eine Reaktion Deines Körpers, deren Ursache in Deiner negativen Erwartungshaltung liegt.

Nachdem Du die diese Funktionen Deines Gehirns verstanden hast, gibt es einige Strategien, mit Prüfungsangst fertig zu werden:

1. Mache Dir bewusst:

"Ich erzeuge meine Angst selbst durch meine Gedanken und Phantasien und nur ich selbst kann sie auch wieder abbauen!"

Beobachte, welche Gedanken Deinen körperlichen Reaktionen und Deinem Angstgefühl vorausgehen. Gewöhnlich machen wir uns Phantasien, dass eine Situation unerträglich ist und dass wir versagen werden. Dein Körper muss mit Schwindel, erhöhtem Puls oder Übelkeit reagieren, wenn Du Dir ausmalst, dass eine Situation gefährlich ist. Erinnere Dich an das Reptilienhirn…

2. Erwarte ruhig, dass Deine Panikgefühle auftauchen, wenn du dich in Prüfungssituationen begibst. Sage dir: "Ich weiß, dass jetzt meine Angst kommt und mein Körper darauf reagiert. Er muss reagieren, weil ich mir bisher immer erzählt habe, wie gefährlich die Situation ist. Die Reaktion meines Körpers ist das Ergebnis meiner Gedanken. Sie wird vorübergehen. Ich kann es ertragen, es ist nur unangenehm. Ich werde jetzt in der Situation bleiben, bis ich ruhiger werde. Ich kann die Bauchatmung machen, um mich zu beruhigen".

3. Übe die Bauchatmung:

Du erinnerst Dich? Unser Gehirn kann nicht unterscheiden, ob wir etwas wirklich tun oder ob wir es uns nur vorstellen. Bisher hast Du diesen Mechanismus gegen Dich eingesetzt und durch negative Gedanken unangenehme körperliche Reaktionen hervorgerufen. Doch nun kannst Du diesen Trick FÜR Dich verwenden:

Hast Du schon mal versucht, zu schlafen und dabei völlig angespannt zu sein? Nein? Geht nicht, genau. Entweder, Du schläfst, oder Du bist angespannt. Wenn Du Deinen Körper nun glauben machst, dass Du schläfst, entspannen sich Deine Muskeln und Dein Puls verlangsamt sich - die Stressreaktionen lassen nach.

Mit der Bauchatmung kannst Du Dein Gehirn überlisten. Du atmest, als würdest Du schlafen - obwohl Du wach bist!

Lege Deine Hand unterhalb des Nabels auf die Bauchdecke. Atme tief durch die Nase ein und stelle dir vor, wie der Atem langsam bis hinunter in Deinen Bauch zu Deiner Hand fließt. Deine Hand hebt sich. Atme ohne die Luft anzuhalten wieder aus - langsam! Stelle Dir vor, wie der Atem langsam wieder aus dem Bauch über Brust und Nase nach außen entweicht, und konzentriere Dich darauf, wie die Hand wieder nach unten sinkt. Halte nun ganz kurz den Atmen an (2-4 Sekunden). Wiederhole die Übung mehrere Minuten.

Während Du ausatmest, denke intensiv die Worte "Ich bin gaaaanz ruuuuhig...".

Die Bauchatmung sollte Dir in Fleisch und Blut übergehen. Je öfter Du übst, am besten mehrmals täglich, desto schneller kannst Du Dich entspannen.

4. Du hast jahrelang trainiert, dich wieder und wieder negativ zu beeinflussen: „Das kann ich nicht!“, „Das wird viel zu schwer!“, „Ich werde ja doch wieder versagen!“, „Ich werde Mathe nie verstehen!“…).

Sage in Zukunft laut und deutlich zu negativen Gedanken!

5. Ersetze negative Gedanken sofort durch positive! Statt „Ich werde total versagen!“ zum Beispiel „Ich bin etwas wert! Ich bin ein netter Mensch, mit dem andere gerne zusammen sind. Ich kann gut zuhören! Ich bin fleißig! Ich kann logisch denken!“ usw.. Lobe dich selbst! Stelle jedem negativen Gedanken mindestens drei positive gegenüber!

6. Training, Training, Training! Wer Angst vor Prüfungen hat, muss Prüfungen schreiben! Bearbeite regelmäßig Abschlussprüfungen der vergangenen Jahre. Setze Dir ein Zeitlimit (Wecker stellen) und arbeite!

7. Das Buch unter dem Kopfkissen ist keine optimale Vorbereitung auf eine Prüfung! Mache Dir einen Arbeitsplan und halte ihn ein. Beginne nicht erst zwei Wochen vor der Prüfung zu lernen, sondern spätestens zwei Monate zuvor, so dass Du genügend Zeit hast - unter Zeitdruck lernt sich's schlecht!

8. Kläre mit Deinen Lehrern, was genau in der Prüfung verlangt wird, wie lange sie dauert, welchen Stoff Du vorbereiten musst, was Du mitbringen und um wie viel Uhr Du da sein musst.

9. Besorge Dir Bachblüten-Notfalltropfen oder Bachblüten-Notfallbonbons (Apotheke).

10. Treibe Sport! Wer regelmäßig joggt, schwimmt etc. baut Ängste und Anspannung ab!

Du wirst sehen: Du schaffst das!